Durchführung einer Potentialanalyse zur Prozessautomatisierung mit Robotic Process Automation (RPA) bei einem Automobilhersteller
DOI:
https://doi.org/10.26034/lu.akwi.2020.3272Abstract
Der Umschwung in der Automobilindustrie hin zur E-Mobilität belastet die Margen der Unternehmen. Investitionsstrategien im Niedrigzinsumfeld müssen geändert, Kosten gesenkt und neues Know-How eingekauft oder selbst generiert werden. Hohe Kostensenkungspotentiale bieten interne Bereiche bei Automobilherstellern, da sich Einsparungen direkt auf das unternehmerische Ergebnis auswirken. Entsprechend rückt die Automatisierung zugehöriger Geschäftsprozesse zunehmend in den Fokus, zum einen, um die Effizienz und Rentabilität der Unternehmung zu erhöhen. Zum anderen lassen sich Mitarbeiter motivieren, wenn man sie für Aufgaben mit einer höheren Wertschöpfung einsetzt.
Ein weiteres Problem beinhaltet die Zunahme an Komplexität bei Geschäftsprozessen aufgrund erhöhter regulatorischer Anforderungen. Die Systemlandschaften bei den Automobilbauern erweisen sich als sehr komplex, sodass für einige Anwendungsfälle traditionelle Optimierungsmethoden aufgrund fehlender Dokumentation und Standardisierung zu hohen Kosten und Integrationszeiten führen würden. Aus diesem Grund hat Robotic Process Automation (RPA) Einzug in operative Tätigkeitsfelder erhalten. Nach Weissenberg versteht man unter RPA „die automatisierte Bearbeitung von strukturierten Geschäftsprozessen durch digitale Software-Roboter.“
Seitens der Automobilbauer wird nach einer Möglichkeit gesucht, potenzielle Geschäftsprozesse für diese Technologie zu identifizieren und Einsparpotentiale sowie Eigenschaften messbar zu machen. Hieraus ergeben sich verschiedene Fragen: Welche Eigenschaften muss ein unternehmensinterner Prozess besitzen, damit man diesen im Rahmen von RPA automatisieren kann? Wie lässt sich RPA in bestehende Organisationsstrukturen integrieren und welche Voraussetzungen müssen dafür gegeben sein?
Ziel der Arbeit ist es, in Kooperation mit einem großen Automobilbauer, einen Kriterienkatalog zu konzipieren, durch den sich End-to-End Prozesse oder RPA-fähige Teile von Geschäftsprozessen identifizieren lassen. Hierzu werden RPA-Charakteristika, Abgrenzungen zu anderen Technologien sowie Synergiepotentiale mit traditionellen Maßnahmen zur Geschäftsprozessoptimierung herausgearbeitet. Die Untersuchung basiert auf einer Analyse von Experteninterviews nach Mayring zusammen mit der Auswertung von aktuellen RPA-Studien. Als Ergebnis lassen sich organisatorische, technische, prozessuale, menschliche und wirtschaftliche Kategorien identifizieren. Diese wiederum beinhalten Charakteristika eines idealtypischen RPA-Prozesses.
Der erstellte Kriterienkatalog wird auf Prozesse im Controlling angewendet und die zugehörigen Ergebnisse evaluiert. Innerhalb des qualitativen Rahmens lassen sich Eigenschaften von Prozessen messbar und bewertbar machen, sodass man fachbereichsübergreifend Ergebnisse über eine Nutzwertanalyse vergleichen kann.
Zentrales Ergebnis der Thesis ist es, dass neben der Art des Prozesses insbesondere die Kompetenzen der beteiligten Menschen darüber entscheiden, ob ein Geschäftsprozess RPA-fähig ist oder nicht. Fehlende Akzeptanz gegenüber dieser Technologie erweist sich als ein Ausschlusskriterium. RPA lässt sich darüber hinaus nur dann erfolgreich umsetzen, wenn die Unternehmensstrategie dieses Ziel konsequent verfolgt und anhand des Top-Down-Ansatzes alte Strukturen aufbricht. Der Einsatz muss individuell für jeden Geschäftsprozess entschieden und geprüft werden.
Grundlegende Eigenschaften von Standard-RPA werden über einen längeren Zeitraum ihre Gültigkeit behalten, jedoch kommen neue Entwicklungsstufen wie kognitive oder autonome Bots hinzu. Unter diesem Aspekt ist es für ein global agierendes Unternehmen wichtig, Kompetenzen in einem Center of Excellence (COE) zu bündeln, um die Verfügbarkeit der RPA-Technologie sicherzustellen, Skalierungseffekte auszunutzen und das interne Kommunikationsnetz über Power-User in Fachbereichen zentral auszubauen.
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